Wo sind sie, die politisch engagierten Mütter zwischen 25 und 40? Man sieht sie auf Elternabenden, im Schrevenpark, auf Kinderfesten, im Café und in Krabbelkursen. Man kann ihr Engagement eigentlich deutlich sehen und hören. Es scheint also nicht daran zu liegen, dass Frauen, insbesondere Mütter, weniger Interesse am gesellschaftlichen Leben haben; vielmehr richtet es sich oft eng an der Zukunft ihrer Kinder aus.
Allgemein ist es heutzutage üblich, Familie dem Privatleben zuzuordnen, doch meine wichtigste Prämisse lautet schon lange: Das Private war, ist und bleibt politisch! Denn die Entscheidungen, die in politischen Prozessen auf allen Ebenen getroffen werden, spüren Mütter sehr deutlich – und sie beeinflussen ihr Leben. Oft höre ich Klagen, dass sich Mütter den Umständen ziemlich hilflos ausgeliefert fühlen. Ich meine: Das muss nicht sein. Politik soll nicht nur für Mütter gemacht werden, sondern Mütter sollten auch Politik mitgestalten!
Ich selbst studiere seit 8 Semestern Psychologie an der Uni Kiel und habe mit Familienfreundlichkeit an der Hochschule so meine Erfahrungen gemacht. Deshalb habe ich ich mit engagierten Kommilitonen ein Familien-Projekt gegründet, das nicht nur Dienstleistungen anbietet, sondern vor allem aufklären soll und Hilfe zur Selbsthilfe vermittelt. Dabei habe ich auch viel über mich und meine Fähigkeiten gelernt. Sonst hätte ich mich nicht getraut im Studium noch ein zweites Kind zu bekommen. Da ich die Grenzen und Möglichkeiten des Studierens mit Kindern recht genau kenne, bin ich auch viel gelassener und diffuse Zukunfts- oder Versagensängste stellen sich gar nicht erst ein.
Ähnliche Projekte sind auf allen politischen Ebenen sinnvoll. Sie bringen nicht nur das Thema Gleichstellung und Familienfreundlichkeit voran, sondern lassen die Mitwirkenden in politische Verantwortung wachsen. Denn zumeist hat man als Mutter in Parteien, Verbänden und Initiativen zu Anfang doch das Gefühl, nicht richtig dazuzugehören. Funktioniert die Integration in die Gruppe gut, wird man vielleicht als Vorbild für andere Frauen geschätzt, aber ein gewinnender Austausch findet zumeist nicht statt und vergleichende Beispiele zeigen sich kaum. Das Gefühl eine Einzelkämpferin zu sein, stellt sich fast sicher ein ein.
Aber an dieser Stelle möchte ich Ihnen, liebe Leserinnen, Mut machen. Von traditionellen Rollenbildern emanzipierte Frauen gibt es in der Politik, dank einer breiten Akzeptanz für Förderung, immer mehr. Doch Sie, mit Ihrem Kind oder Ihren Kindern, müssen sich auf beiden Seiten emanzipieren. Sie können nicht das leisten, was kinderlose Frauen leisten. Sie haben eine andere Sicht auf ihr Umfeld, Sie sehen die Dinge nicht immer so wie andere Frauen.
Und genau das braucht unsere Politik so dringend. Frauen, die durch die Grenzerfahrungen die sie gemacht haben (und alle Mütter, die dies lesen, wissen ganz genau wovon ich hier rede), garantieren einen erweiterten Blick auf die Bedürfnisse unserer Mitmenschen. Sie wissen sehr genau, dass man sich Vieles fest vornehmen kann, doch wenn die Kinder da sind, ist doch das Meiste anders. Schwarz-Weiß denken funktioniert nicht mehr und man ist darauf angewiesen, mit Kompromissen zu jonglieren. Und nicht zuletzt sind Mütter diejenigen, die jeden Tag mit ihrem Partner über Haushalt, Finanzen und Betreuungspflichten hart verhandeln müssen.
Ein aufmerksamer Leser hat inzwischen bemerkt worauf ich hinaus möchte. Das Gehirn von Müttern besteht nicht aus Babybrei. Im Privaten haben Frauen mit Familienpflichten die gleichen Herausforderungen zu tragen, wie Berufspolitiker. Mütter sind wie geschaffen für Verhandlungen am Koalitionstisch, beim Erklären von komplexen Entscheidungen, beim Vermitteln zwischen schwierigen Partnern — und vor allem haben sie die nötige Zähigkeit bei der Durchsetzung.
Schütteln wir die Vorstellung, dass eine kompetente Führungskraft zumeist einen Anzug trägt, mal kräftig durch.
Ein Spucktuch ist sicherlich kein Garant für Kompetenz, eine Seidenkrawatte aber auch nicht.
Mein Traum für die Zukunft? Ich wünsche mir einen Mütter-Boom in der Politik.