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Gleich nach Veröffentlichung unseres Beitrages zur Vergabe der ersten Kulturknoten meldete sich Kulturmanager Thomas Engel vom Verein K|9 Koordination für regionale Kultur in Kommentaren zu Wort. Daraus entwickelte sich ein Dialog, in den sich zuletzt Guido Froese einschaltete, der Leiter des Nordkollegs Rendsburg. In seinem Gastbeitrag nimmt Thomas Engel direkt auf diesen Kommentar Bezug.
Aus Anlaß der Einrichtung eines zweiten Kulturknotenpunktes heute in Meldorf veröffentlichen wir ihn hier als Gastkommentar in einem eigenen Beitrag.
Volkshochschulen „sind Nr. 1 der Erwachsenenbildung. Man kann es nicht oft genug sagen und begreifen” (Werkbuch VHS 2020, S. 39). Und „Vielfalt als Alleinstellungsmerkmal ist eine einfache Lösung, um sich nicht zu reduzieren. Aber Imagebildung braucht Reduktion. Vielfalt ist kein Profil, sondern Mutlosigkeit” (ebenda, S. 25). Die Konzentration der VHS auf ihre Kernkompetenz der Erwachsenenbildung — klingt doch gut. Allerdings suchen Volkshochschulen ständig und expansiv nach neuen Angebotsfeldern und sind auch schon mal als Motoren eines Verdrängungswettbewerbs unterwegs. Ein Leserbrief aus den aktuellen Husumer Nachrichten sieht dies kritisch und beklagt sich über die örtlichen VHS-Angebote „Disco-Fox” und „Golfspielen”. Damit „tritt sie in Konkurrenz zu Angeboten von Sportvereinen oder Tanzschule, was nicht Aufgabe von Volkshochschulen sein kann” (HN Nr. 47 v. 25.2.15). — So ähnlich ergeht es jetzt der regionalen Kultur- und Kreativszene, wenn auch ihre Kompetenzfelder fortan von Volkshochschulen als KulturKnoten koordiniert sein sollen.
Kritisch darf ebenso das Nordkolleg-Szenario im Rendsburger Entwurf zur aktuellen KulturKnoten-Diskussion betrachtet werden. Weder werden die Verdienste des 1921 als Heimvolkshochschule gegründeten Nordkollegs als hervorragende Bildungseinrichtung und seiner überragenden Bedeutung für Schleswig-Holstein in Abrede gestellt, noch werden die „empfindlichen Kürzungen“ im Bildungsbereich für die VHSen als tatsächlich existenziell angezweifelt. Doch aus Sicht der Kreativen oder einer Kultur-Institution ist die chronische Unterfinanzierung täglich Brot – sowohl was die institutionelle als auch die projektbezogene Förderung betrifft. Ein Gegeneinander-Ausspielen von Bildungs- und Kulturfinanzierungen, von Bildungs- und Kultureinrichtungen wäre jetzt in der Gemengelage politischer Entscheidungen ganz unangebracht.
Wenn das Nordkolleg sich im Bereich kultureller Aufgaben verdient gemacht hat und hier auf die ARS BALTICA verweist, sollte nicht übersehen werden, dass diese nach 20 Jahren „eigenen Lebens” erst 2009 in Rendsburg angegliedert wurde. Entstanden ist das Netzwerk ARS BALTICA seinerzeit auf Initiative der Landesregierungen des Ostseeraums — für Schleswig-Holstein bekanntlich personifiziert durch Björn Engholm. Entsprechend gut „vorgebohrt” waren dann auch die „dicken Bretter” für spätere Aufgaben. Ganz anders dagegen der Umgang mit der JAZZBALTICA — 2002 gerade noch unter das Dach hoch angesehner Kulturexperten und Ideengeber des Schleswig-Holstein Musikfestivals gerettet. „Kultur bei Kultur” und „Kultur durch Kultur” — starke Synergien ohne bildungspolitische Verknotung. Niemand unter den Kultur- und Jazzkennern wünschte der JAZZBALTICA das Umfeld einer Volkshochschule — zu sehr hätte man für die Musikveranstaltung den Charme und die Ausstrahlung eines Mittelstufenballs befürchtet. Geht gar nicht. Fiktionales Gedankenspiel zwar, es zeigt aber, wie dem Risiko einer Trivialisierung der Kultur Tür und Tor geöffnet werden kann.
Der Qualitätsgarant für die Bildung von Kultur in der Region ist die Kultur– und Kreativszene selbst. Die KulturKnoten gehören in deren Kultureinrichtungen unter Einbeziehung der regionalen Kulturschaffenden und nicht in eine Volkshochschule.
Hintergrund
Thomas Engel und Ingrid Ebinal vom Verein K|9 Koordination für regionale Kultur aus Itzehoe hatten sich in der Region sowie beim Ministerium für die Vergabe des Kulturknotenpunkt an ihre Initiative stark gemacht und ein umfangreiches Dossier (s.TOP 9) mit dem Antrag auf ideelle wie finanzielle Unterstützung beim Amt für Bildung der Stadt Itzehoe eingereicht. Stadtsoziologin Ebinal sowie ihr Verein K|9 sind seit Sommer 2014 Mitglied der Förderinitiative „AktivRegion Dithmarschen” des Landes Schleswig-Holstein.