Schleswig-Hosteinische Wildnis in Burg auf Fehmarn. Foto : Torsten Behrens - CC BY 2.0
Es nützt nichts, wenn ich mir alles anhöre und mich danach oben auf den Kipper stelle und den Landwirten, den Jägern, den Fischern und den Waldbesitzern als Agrarphilosoph die Welt erkläre, wie sie ist, und sage, ich habe am Ende recht.– Hauke Göttsch, CDU-Landtagsfraktion
Im Landesblog haben wir im Umfeld dieser Debatte zur Neufassung des Naturschutzgesetzes einmal zwei Themen herausgegriffen: Wie wild ist Schleswig-Holstein? Im Beitrag von panama geht es um den „wilden Norden” und den Versuch der Landesregierung, sich an das skandinavische Jedermannsrecht und das damit verbundene Naturverständnis anzunähern. Hier ist der Bürger plötzlich selbst ein bisschen wilder und darf auch mal quer über einen Acker gehen. Sebastian Maas beschäftigt sich mit anderen wilden Kreaturen: den wieder in den Norden zurückgekehrten Wölfen und unserem Umgang mit diesem Wildtier, an das wir uns erst wieder gewöhnen müssen.
Die Debatte zum Gesetzentwurf im Schnellcheck:
Betretungsrecht
Das Betretungsrecht sorgt wahrscheinlich im Moment für die größten Emotionen. Das ist etwas überraschend für mich, denn ich dachte nicht, dass das ein solches Ärgernis werden würde, zumal es im Rest der Bundesrepublik eingeführt ist. Das Betretungsrecht hat naturschutzfachlich gar keine Bedeutung. (…) Es ist aber auch ein Symbol dafür, dass uns die Natur einen Freiraum zur Verfügung stellt.
– Dr. Robert Habeck, Grüne, Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume
Sind Sie schon mal querfeldein über einen abgeernteten Acker gegangen? Ja? Erzählen Sie das besser niemandem. In Schleswig-Holstein ist das nämlich verboten (§30 LNatSchG SH). Im Rest der Bundesrepublik – mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns – ist hingegen ähnlich dem Grundsatz im Bundesnaturschutzgesetz das „Betreten der freien Landschaft auf Straßen und Wegen sowie auf ungenutzten Grundflächen zum Zweck der Erholung” allen gestattet (§59 BNatSchG). Der neue Gesetzentwurf zum Landesnaturschutzgesetz sieht hier eine Angleichung an die Regelungen anderer Bundesländer vor. In einer emotional geführten Debatte sehen die Einen – Landwirte und die Eigentümer der Flächen – ihre Ernte in Gefahr und vermissen eine aus ihrer Sicht angemessene Wertschätzung für die Lebensmittelproduktion auf diesen Flächen. Die Anderen betonen eben den Gedanken des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), dass die freie Landschaft – wenn keine anderen Nutzungen dem entgegenstehen – allen zur Erholung dienen soll.
Vorkaufsrecht
Sie sollten Eigentum wirklich einmal respektieren und es nicht wie Allgemeingut behandeln.
– Oliver Kumbartzky, Umweltpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion
Ähnlich heftig – aber mit deutlich höherem politischen Gehalt – wird die Wiedereinführung eines Vorkaufsrecht auf naturschutzfachlich wertvolle Flächen diskutiert. Das Land möchte zur Arrondierung von Naturschutzflächen wieder bevorzugt kaufen dürfen, wenn solche Flächen auf den Markt kommen. Nach Ansicht der Landesregierung wird – auch angesichts der Haushaltslage – wohl nur selten vom Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden. Dies geißeln Kritiker als Bürokratiemonster und unverhältnismäßigen Eingriff in den Markt.
Biotopverbundflächen
Die bisher schon vorhandenen Biotopverbundflächen sollen gestärkt werden, indem das Gesetz die Erhöhung der Verbundflächen von 10 auf 15 Prozent der Landesfläche anstrebt. Durch diese Regelung soll erreicht werden, dass die wenigen noch verbliebenen naturnahen Flächen in Schleswig-Holstein nicht noch weiter zersplittert werden. Zwei Prozent der Landesfläche sollen dabei als Wildnis, das heißt weitgehend ohne Einfluss des Menschen, erhalten werden. Derzeit sind etwa 14 Prozent der Landesfläche Biotopverbundflächen. Neu geschützt werden soll darüber hinaus der Biotop-Typus „Dauergrünland”.
Jagdrecht
Weniger zentral, aber nicht minder umstritten ist eine im Zuge der Novelle vorgesehene Änderung des Jagdrechts. Neben Privatpersonen sollen nun auch juristische Personen – also etwa Verbände, Vereine und Kirchen – die Jagd auf ihrem Grund und Boden untersagen dürfen. Dazu müsste ein Grundstückseigentümer – etwa ein Tierschutzverein – ebenso wie Privatpersonen darlegen, dass er aus ethischen Gründen die Jagd ablehnt. Kritiker bezweifeln jedoch, dass eine juristische Person ethische Bedenken haben könne. Praktisch könnte eine Beschränkung der Jagd dann eintreten, wenn etwa große Grundeigentümer wie die Kirchen vom neuen Recht Gebrauch machten.
Der Wolf
Es wundert mich eigentlich, dass man nicht gleich angenommen hat, dass es irgend so ein langhaariger Zottel mit selbstgestricktem Pullover im Elektroauto war, der den Wolf hinten drin hatte und mit Müsli gefüttert hat.
– Sandra Redmann, Umweltpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion
Eigentlich spielt auch das Thema Wölfe nur eine marginale Rolle im Gesetzentwurf. Erstmals soll „das Anlocken und Füttern von Wölfen” verboten werden, damit die Tiere nicht an den Menschen gewöhnt werden und dadurch das Risiko von Angriffen durch diese Tiere steigt. In Schleswig-Holstein scheint eine Naturschutz-Debatte ohne Wölfe derzeit aber nicht möglich – obwohl die Anzahl der hier gesichteten Tiere überschaubar ist.
Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens
Nach der ersten Lesung im Parlament wurde der Gesetzentwurf nun im Umwelt- und Agrarausschuss beraten, der ein Anhörungsverfahren durchführen wird. Spannend dürfte die mündliche Anhörung im Ausschuss am 2. Dezember werden. Im März 2016 soll dann die zweite Lesung im Plenum stattfinden.
Die Aussagen der Politiker stammen aus der Debatte in der 97. Sitzung des Landtags vom 17. September 2015.
Die Frage ist doch ob solche Massnahmen wirklich zielführend für den Schutz der Natur sind.
Welche Erfahrungen haben Eigentümer und Naturschützer in anderen Bundesländern gesammelt?
Ein Betretungrecht bringt für den Schutz der Wildtiere m.E. nichts- im Gegenteil es ist kontraproduktiv und für die notwendige Jagdausübung in nicht unerheblichem Masse eine Gefahrenquelle.
Herr Habeck möchte hier offensichtlich nur Wählerstimmen einfangen.