Abgeordnete im Schweriner Landtag, die Anträge, Kleine Anfragen oder den Pressespiegel des Landtages lesen wollen, müssen dazu zukünftig einen Tablet-PC anschalten, den ihnen die Landtagsverwaltung zur Verfügung stellt. Ab Dezember werden solche amtlichen „Papiere“ lediglich in Ausnahmefällen in gedruckter Form zur Verfügung gestellt. Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern folge damit nach eigenen Worten dem Beispiel des Deutschen Bundestages – was ich für ein Gerücht halte: Meines Wissens gibt es keine Tablet-PC-Grundausstattung für Bundestagsabgeordnete. Aber egal, der Landtagsverwaltung geht es eh nicht etwa darum, „modern“ zu wirken oder anderen zu folgen: Man will Geld und Papier sparen. Das Parlament, so hat man penibel ausgerechnet, soll dadurch auf bis zu 24,6 Tonnen Papier pro Jahr verzichten.
Die Landtagsverwaltung hat sich auf eine bestimmte Marke festgelegt. 81 iPads, Tablet-Computer der Firma Apple, wurden für die 71 Abgeordneten sowie für zehn Mitarbeiter der Parlamentsverwaltung gekauft. 54.500 Euro hat man in die Computer-Technik investiert. WLAN-Netz im Landtagsgebäude und Zugang der Abgeordneten zum Mobilfunknetz gibt es zukünftig auch. Landtagsdirektor Armin Tebben spart trotzdem: Die Investitionen und die Betriebskosten „werden durch die Einsparungen nicht nur komplett gedeckt, sondern erbringen jährlich eine Ersparnis von ca. 137.000,- Euro“.
Die lüfterlosen und damit geräuschlosen Lesegeräte sind in einer dreimonatige Testphase von den Mitgliedern des Ältestenrates getestet worden. Die an die Abgeordneten ausgegebenen Tablet-Computer bleiben im Eigentum des Landtages.
Auch in Schleswig-Holstein ist man auf diesem Weg. Details sind noch offen. Aber auch ohne sich akribisch auf die Druckkosten gestürzt zu haben, ist das Ziel schon klar. Landtagspräsident Torsten Geerdts sagte dem Landesblog: „Wir erörtern diese Frage derzeit in einer Arbeitsgruppe bestehend aus Abgeordneten aller Fraktionen. Ziel ist es, in Absprache mit dem Ältestenrat, so genannte Tablet Computer für die nächste Wahlperiode einzuführen”.
Also, liebe Bewerberinnen und Bewerber um Landtagssitze: Übt schon mal neue Kulturtechniken.
„… bleiben im Eigentum des Landtages” — Und werden dann in der übernächsten Legislaturperiode weitervererbt? Darf dann darüber auch privat getwittert werden, oder nur „dienstlich”? Zerstört sich so ein Ding selbst, wenn es denn abhanden kommt? Wird es dafür Ablagetische auf den Landtags-WCs geben?
Fragen über Fragen… ;-)
Nach dem Skandal im Bundestag, wo ein Abgeordneter ein iPad für seine Rede-Unterlagen nutzte, wurde doch offiziell geprüft, ob man die Geräte zulassen dürfe. zudem wurde überlegt jedem Abgeordneten ein iPad zu geben.Dies ist m.W. auch noch immer in Prüfung. Zugelassen sind sie aber. Merkel gab Kauder kürzlich eine Legrstunde, wie die Blöd-Zeitung titelte (Google fand dies zumindest bei einer Suche nach Bundestag und iPad)
Zum Thema Vererbung an den nächsten Abgeordneten: So ein Gerät lässt sich ja auf Werkseinstellungen zurücksetzen. Damit sollte das Datenschutz-Problem zumindest dort gelöst sein.
Doch interessant finde ich, dass die Abgeordneten auf diese Weise ja nun auch komplett überwacht werden können. Innenministr Friedrich dürfte das freuen, oder?
Was hat der oder die Abgeordnete gerade gelesen? Auf welcher Schmuddelseite war der Abgeordnete? Wo ist er gerade? Welche Mails empfängt ein Abgeordneter?
Ist es nicht schön zu wissen, dass die Abgeordneten nun durch ihre eigenen Überwachungsgesetze gläsern werden? Im Ernst: Ob darüber nachgedacht wurde?
Grüße vom BOFH (Bastard Operator From Hell) — der Admin liest mit und weiß dann auch, ob Abgeordneter X auf dem Klo Sudoku spielt, oder den Kicker liest ;-)
/Ironie
„Was hat der oder die Abgeordnete gerade gelesen? Auf welcher Schmuddelseite war der Abgeordnete? Wo ist er gerade? Welche Mails empfängt ein Abgeordneter?”
Das könnte man auch heute bereits weitestgehend anhand einer Überwachung der PCs im Landtag feststellen. Eine neue Qualität in dieser Richtung kann ich nicht erkennen.
Wo ist er gerade? Im Sinne von: wo hält er sich auf
Na, meinetwegen. Wer das wissen will, kann heute bereits die Handies der MdL tracken…
Bei der diesbezüglichen Diskussion in Düsseldorf gab es ein Argument gegen die Tablets, das ich auch nicht ganz falsch fand. Ein Parlament lebt ja von der Rede und dem zuhören. Und ich kenne das ja schon im privaten am heimischen Küchentisch: wenn auch nur einer sein smartphone unter der Tischkante auf den Knien an hat, braucht man dem nichts, was über die Aufmerksamkeitsspanne von 140 Zeichen geht, mehr erzählen.
Es geht ja nicht allein um die Nutzung des Tablet-PC im Plenarsaal. Da vermute ich eher, dass unser Landtagspräsident eine eher regide Haltung einnimmt.
Ich bin mir nicht sicher, ob ich der Satz „Ein Parlament lebt ja von der Rede und dem zuhören” unterschreiben möchte. Überspitzt: Die, die im Landtag sitzen und sich zuhören sollen, haben 99 Prozent der Argumente des Redner schon in einem Antrag, zwei Auschusssitzungen und drei Podiumsdikussionen gehört, die in vier Presseerklärungen Niederschlag gefunden haben.
Ich kann verstehen, dass es nicht einfach ist, da immer konzentriert zuzuhören. Für mich ist die Beschäftigung mit Smartphones (oder zeitungen) eher ein Symptom als das Problem.
1. Ich habe bereits ein Tablet für meine Arbeit, es ist gerade für Abgeordnete extrem sinnvoll.
2. Es sollte aber privat beschafft werden, denn die Aufwendungen für Arbeitsmittel (genauso z.B wie meine sonstigen Mandatsaufwendungen wie Wahlkreisbüro etc) sind Teil der Entschädigung, deshalb sind ja auch unsere Entschädigungen Einkommen. Nein in SchleswigHolstein gibt es keine steuerfreie Extraaufwandspauschale mehr.
3. Deshalb würde ein Hinweis an die Finanzämter reichen, dass wir das auch entsprechend bei der Steuer ansetzen können. (von mir aus mit einer Quote, wg. der kaum abstreitbaren auch privaten Nutzung)
4. Und völlig super wäre eine App, die den Zugang zu den gesuchten Dolumenten erleichtert, die bestehenden Schnittstellen über meiner Browser finde ich nach wie vor mühsam, liegt wohl aber auch an mir
nur meine zwei Eurocents
Wieso (nur) zwei Eurocents? Wenn „Betroffene” dazu was sagen, zählt das viel mehr.
Ich hatte mich auch spontan gefragt, warum das Equipment beschafft werden soll, wo doch die (auch) private Benutzung des Tablets ein ständiger Hort des Ärgers werden kann. Da wird was „auf Kosten des Bürgers” im Appstore gekauft, heruntergeladen oder beschaut — es wird immer einen oder eine geben, die an irgendwas zu mäkeln hat. Und sei es, dass ein bestimmtes Gerät gekauft oder nicht gekauft wird. Überlässt man das den MdL und „erzieht” sie zur Nutzung — indem das Ausdrucken oder der „Extra”-Dienst, etwas auf Paier zu erhalten, kostendeckend in Rechnung gestellt wird — dann sollte neben dem informatorischen Effekt auch der finanzielle bzw. ökologische Effekt (der m.E. eher gering ist) zur Geltung kommen.
…und außerdem würde ich nicht jedes Mal einen Bandscheibenvorfall riskieren, wenn ich mein Postfach leere. Ich denke da morgens immer an den alten Schlager „mein Freund der Baum ist tot”
Ein „Kulturwechsel” ist aber trotzdem nicht ganz so leicht, wenn ich mir überlege, wie einige Kollegen immer noch mit dem PC fremdeln.
Die Kritik an den Tab-Nutzern in der Politik hat auch ein bißchen etwas „Maschinenstürmerisches”. Auch offline-Medien lesen während der Parlamentssitzung fördert nicht gerade die Aufmerksamkeit. Es liegt aber auch ein bißchen an dem Redner oder der Rednerin und oder am Thema, ob ihm/ihr zugehört wird. Wer stur seinen Stiefel durchzieht, mit starrem Blick ohne Betonung vom Blatt abliest und nie Zwischenfragen zulässt, darf auch nicht unbedingt mit meiner vollen Aufmerksamkeit rechnen, da bin ich Mensch wieder jede/r andere. Häufig gucke ich aber gearde nach, wie valide eigentlich die Behauptung der/des Redner/in da vorne ist.