Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) stellte heute (22. März 2010) seinen Tätigkeitsbericht 2011 vor. Der Landesbeauftragte für Datenschutz Dr. Thilo Weichert kritisierte in ihm: Trotz der weiter Fahrt aufnehmenden globalen Entwicklung der personenbezogenen Datenverarbeitung gerate die Perspektiven für eine Modernisierung des Datenschutzrechtes auf nationaler Ebene ins Stocken. Lob erhielt das Land: aus Schleswig-Holstein kämen hingegen positivere Impulse.
Der oberste schleswig-holsteinische Datenschützer zeigte sich mit der begonnenen Überarbeitung des Landesdatenschutzgesetzes (LDSG) zufrieden: Mit einer Runderneuerung des LDSG könne das Land Schleswig-Holstein seinen Platz als innovative Kraft im Datenschutz bewahren. Das gelte auch für die Gesetzgebung zur Informationsfreiheit: Die Zusammenfassung von Umweltinformationsgesetz (UIG) und Informationsfreiheitsgesetz (IFG) könne entbürokratisieren und eine transparente Vorgehensweise für die Bürgerinnen und Bürgern schaffen. Unzufrieden ist er aber mit der in seinen Augen schleppenden Umsetzung des Gesetzentwurfs: „Der Landtag sollte sich nicht weiter von Trägern unbegründeter bürokratischer Bedenken bremsen lassen und ein einheitliches Informationszugangsrecht für Schleswig-Holstein auf den Weg bringen“.
Große, schlagzeilentaugliche Skandale oder Anwürfe stehen nicht in dem Bericht. Das ist aber kein Grund zur Sorglosigkeit: der Bericht zeigt eine Reihe von teilweise eklatanten Datenschutzverstößen auf. Die meisten geschehen im privaten Bereich: etwa die extensive Mitarbeiterüberwachung bei einem Discounter durch ein Sicherheitsunternehmen oder in einer Friseurkette per Videokameras. Der ULD beklagt die geringe Bereitschaft zum Datenschutz und zur Zusammenarbeit mit den Datenschützern. Die Folge: zunehmend Bußgeldverfahren.
Verstöße der öffentlichen Hand, wie jüngst in der Stadt Glücksburg, haben auch schon mal skurile Züge. Es gibt aber auch ernst zunehmende Bemerkungen. 116 Mal gibt der Bericht Antwort auf die Frage Was ist zu tun? In vielen Fällen geht es dabei allerdings nicht um Landes- oder kommunale Themen – ein Manko des 166 Seiten starken Berichts, der sich immer wieder an weltbewegenden oder bundespolitischen Fragen abarbeitet und so an schleswig-holsteinischer Profilschärfe verliert.
Auch die Landesregierung oder der Landtag kommen vor. Ein paar Beispiele:
Das Konzept der Landtagsverwaltung für das Zutrittssystem und die Videoüberwachung des Landtages erhielt ein dickes Lob: „Der Schleswig-Holsteinische Landtag kann als Vorbild für andere öffentliche Einrichtungen dienen, die Zutrittssysteme und Videoüberwachung einsetzen.“
Zum Thema GEZ hatte sich Thilo Weichert schon gegenüber dem Landesblog deutliche Worte gefunden. Im Bericht fordert er nun den Landtag auf, er „sollte auf eine datenschutzkonforme Ausgestaltung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages drängen, um die nachhaltige Finanzierung des öffentlichen Rundfunks nicht mit dem Makel der unverhältnismäßigen Datenverarbeitung zu belasten.“
Gute Noten gab es auch für den Kreis Plön: Sein IT-Sicherheitsmanagement wurde — als erster Kreis im Lande — vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert. „Die IT-Abteilung des Kreises Plön sollte für andere Kommunalverwaltungen Leitbild bei der Umsetzung von IT-Sicherheit und Datenschutz werden. Durch die Zertifizierung wurde ein hohes IT-Sicherheitsniveau erreicht, das auch zukünftig zu halten ist.“
Kritik gab es am Bildungsministerium: Wechseln Schüler von allgemeinbildenden zu berufsbildenden Schulen, kommt es aktuell zu einem aufwändigen Abgleichverfahren zwischen den betroffenen Schulen: „Das IQSH hat, beraten vom ULD, eine technische Lösung vorgeschlagen. Dessen Umsetzung scheiterte bisher daran, dass das Bildungsministerium noch keine Entscheidung getroffen hat. Die Lösung … hat nicht nur verwaltungsökonomische Vorteile, sondern erhöht auch die Sicherheit der zu übermittelnden personenbezogenen Daten. Das Bildungsministerium sollte zeitnah eine Entscheidung für die vom IQSH
angedachte technische Lösung treffen.“
Der vollständigen Tätigkeitsbericht gibt es hier.
Von den Landtagsfraktionen der SPD, Grünen und FDP waren eher allgemeinverbindliche zustimmende Worte Richtung des Datenschutzbeauftragten zu vernehmen.
Peter Eichstädt (SPD) wünschte sich, dass das Recht der Menschen auf informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer persönlichen Daten ernster genommen werde: „‚Meine Daten gehören nur mir’ muss zu einer gesellschaftlichen Norm und Datendiebstahl gesellschaftlich in gleicher Weise geächtet werden wie der Diebstahl von Sachen.“
Ingrid Brand-Hückstädt (FDP) nahm das Lob des ULD an den positiveren Impulse aus Schleswig-Holstein gerne an, und kündigte an, den Landesdatenschutzbeauftragten auch in Zukunft unterstützen: „Das ULD Schleswig-Holstein … verurteilt nicht, sondern versucht durch Informationen und praktische Empfehlungen die Akzeptanz für den erforderlichen Datenschutz zu vergrößern, für die Probleme zu sensibilisieren und für Gesetzesaktualisierungen zu werben.“
Auch Thorsten Fürter von den Grünen vermisste die Skandale nicht: „Beim Datenschutz warten viele BürgerInnen auf konkrete Verbesserungen, auch ohne Skandale.“
Auf die landespolitisch relevanten Kritikpunkte gingen alle drei nicht ein.