Pokern ums Glückspiel im Kieler Landtag

Von | 16. Juni 2011

In der gest­ri­gen (15. Juni 2011) Sitzung des Innen- und Rechtsauschusses im Schleswig-Holsteinischen Landtag stand der Entwurf eines Glücksspielgesetzes auf der Tagesordnung. Natürlich ging es damit auch um den Entwurf eines Glückspielstaatsvertrages, der zuletzt am 9. Juni auf der Ministerpräsidentenkonferenz Thema war.

Dort hat­te Schleswig-Holstein in einer Protokollnotiz eine Überprüfung der Zahl der Konzessionen und der Abschöpfungsquote gefor­dert. Hessen und Sachsen sehen das auch so. Die geplan­te Unterzeichnung des Vertragsentwurfes war auf den Oktober ver­scho­ben wor­den. Hintergrund waren wohl neben dem öffent­lich von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff vor­ge­tra­ge­nen Grund, der Entwurf müs­sen „noch mit euro­päi­schen Vorgaben kom­pa­ti­bel gemacht“ wer­den (was wohl nichts ande­res heißt, als dass er es aktu­ell nicht ist) die Bedenken der gelb oder grün mit­re­gier­ten Länder, die es poli­tisch wohl kaum erlau­ben, dem Vertragsentwurf mit den dort vor­ge­se­he­nen Netzsperren zuzu­stim­men. Anders kann ich mir jeden­falls nicht erklä­ren, war­um die Diskussion die­ses Punktes in das Kamingespräch (die ver­trau­li­che Runde der Regierungschefs ohne Arbeitsstäbe und Staatssekretäre) ver­scho­ben wor­den sein soll: Eine Verabschiedung poli­tisch heik­ler Themen mag ja auf Treffen der Regierungschefs noch irgend­wie klap­pen; bei der demo­kra­ti­schen Umsetzung sol­cher Beschlüssen, wenn also die Ratifizierungen in den Länderparlamenten ansteht, sieht das aber schon anders aus. Oder aus ande­rer Warte betrach­tet: Staatsverträge sind nicht nur halb­de­mo­kra­ti­sche Dinge son­dern auch noch lang­at­mi­ge, schwer steu­er­ba­re Tanker, die kei­ner braucht.

Im (inso­weit feder­füh­ren­den) Innen-und Rechtsausschuss hat die Mehrheit von CDU und FDP, wie schon zuvor im Finanzausschuss) nun dem Landtag emp­foh­len, dass man eine zwei­te Lesung in der Landtagssitzung Ende Juni wol­le, dort aber kei­ne Verabschiedung erfol­gen sol­le — son­dern ein Rücküberweisung an die Ausschüsse. In der Sommerpause kön­nen man dann noch Verbesserungen, die sich auf­grund der Anhörungen erge­ben hät­ten, ein­ar­bei­ten. Die Verabschiedung sol­le dann im August in einer drit­ten Lesung erfol­gen. Solche drit­ten Lesungen sind unüb­lich, nach der Geschäftsordnung des Landtages aber mög­lich. So rich­tig klar, war­um die zwei­te Lesung sein müs­se, wur­de nicht. Dennoch: Die Kieler Koalitionäre sehen sich auf der Sonnenseite: ihr Vertrag schrän­ke den frei­en Dienstleistungsverkehrs in der EU nicht ein und sei damit EU-recht­lich in Ordnung, kom­me ohne Netzsperren aus und habe zudem und gleich­wohl weit­rei­chen­de Regelungen hin­sicht­lich der Jugend- und Spielerschutzes. Mit der Verschiebung der Abstimmung in den August will man wohl zum einen klar­stel­len, dass auch Schleswig-Holstein an einer bun­des­ein­heit­li­chen Lösung inter­es­siert sei, ande­rer­seits aber den Druck auf die Verhandlungen auf Länderebene erhö­hen.

Die Länder ste­hen eh schon unter Zeitdruck. Die Ministerpräsidenten tref­fen sich erst am 16. Oktober wie­der, dann übri­gens tur­nus­mä­ßig unter Vorsitz Schleswig-Holsteins, um den ans EU-Recht ange­pass­ten neu­en Entwurf unter Dach und Fach brin­gen. Der Entwurf wer­de sich vom jet­zi­gen unter­schei­den — auf den Fluren des hie­si­gen Landeshauses kann man hören, dass Bewegung in der Sache sei. Ziel sei es wei­ter­hin, eine gemein­sa­me Lösung aller Länder zu fin­den. Danach ver­bleibt den Länderparlamenten aber nur wenig Zeit, den Staatsvertrag bis zum Jahresende in Länderrecht umzu­set­zen — ange­sichts des kom­ple­xen Themas ein Parforceritt mit hohen Hindernissen.

Bei Netzpolitik.org hat sich Jörg-Olaf Schäfers mit recht­li­chen Details des Vertragsentwurfes beschäf­tigt.

Von:

Swen Wacker, 49, im Herzen Kieler, wohnt in Lüneburg, arbeitet in Hamburg.

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