In der gestrigen (15. Juni 2011) Sitzung des Innen- und Rechtsauschusses im Schleswig-Holsteinischen Landtag stand der Entwurf eines Glücksspielgesetzes auf der Tagesordnung. Natürlich ging es damit auch um den Entwurf eines Glückspielstaatsvertrages, der zuletzt am 9. Juni auf der Ministerpräsidentenkonferenz Thema war.
Dort hatte Schleswig-Holstein in einer Protokollnotiz eine Überprüfung der Zahl der Konzessionen und der Abschöpfungsquote gefordert. Hessen und Sachsen sehen das auch so. Die geplante Unterzeichnung des Vertragsentwurfes war auf den Oktober verschoben worden. Hintergrund waren wohl neben dem öffentlich von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff vorgetragenen Grund, der Entwurf müssen „noch mit europäischen Vorgaben kompatibel gemacht“ werden (was wohl nichts anderes heißt, als dass er es aktuell nicht ist) die Bedenken der gelb oder grün mitregierten Länder, die es politisch wohl kaum erlauben, dem Vertragsentwurf mit den dort vorgesehenen Netzsperren zuzustimmen. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, warum die Diskussion dieses Punktes in das Kamingespräch (die vertrauliche Runde der Regierungschefs ohne Arbeitsstäbe und Staatssekretäre) verschoben worden sein soll: Eine Verabschiedung politisch heikler Themen mag ja auf Treffen der Regierungschefs noch irgendwie klappen; bei der demokratischen Umsetzung solcher Beschlüssen, wenn also die Ratifizierungen in den Länderparlamenten ansteht, sieht das aber schon anders aus. Oder aus anderer Warte betrachtet: Staatsverträge sind nicht nur halbdemokratische Dinge sondern auch noch langatmige, schwer steuerbare Tanker, die keiner braucht.
Im (insoweit federführenden) Innen-und Rechtsausschuss hat die Mehrheit von CDU und FDP, wie schon zuvor im Finanzausschuss) nun dem Landtag empfohlen, dass man eine zweite Lesung in der Landtagssitzung Ende Juni wolle, dort aber keine Verabschiedung erfolgen solle — sondern ein Rücküberweisung an die Ausschüsse. In der Sommerpause können man dann noch Verbesserungen, die sich aufgrund der Anhörungen ergeben hätten, einarbeiten. Die Verabschiedung solle dann im August in einer dritten Lesung erfolgen. Solche dritten Lesungen sind unüblich, nach der Geschäftsordnung des Landtages aber möglich. So richtig klar, warum die zweite Lesung sein müsse, wurde nicht. Dennoch: Die Kieler Koalitionäre sehen sich auf der Sonnenseite: ihr Vertrag schränke den freien Dienstleistungsverkehrs in der EU nicht ein und sei damit EU-rechtlich in Ordnung, komme ohne Netzsperren aus und habe zudem und gleichwohl weitreichende Regelungen hinsichtlich der Jugend- und Spielerschutzes. Mit der Verschiebung der Abstimmung in den August will man wohl zum einen klarstellen, dass auch Schleswig-Holstein an einer bundeseinheitlichen Lösung interessiert sei, andererseits aber den Druck auf die Verhandlungen auf Länderebene erhöhen.
Die Länder stehen eh schon unter Zeitdruck. Die Ministerpräsidenten treffen sich erst am 16. Oktober wieder, dann übrigens turnusmäßig unter Vorsitz Schleswig-Holsteins, um den ans EU-Recht angepassten neuen Entwurf unter Dach und Fach bringen. Der Entwurf werde sich vom jetzigen unterscheiden — auf den Fluren des hiesigen Landeshauses kann man hören, dass Bewegung in der Sache sei. Ziel sei es weiterhin, eine gemeinsame Lösung aller Länder zu finden. Danach verbleibt den Länderparlamenten aber nur wenig Zeit, den Staatsvertrag bis zum Jahresende in Länderrecht umzusetzen — angesichts des komplexen Themas ein Parforceritt mit hohen Hindernissen.
Bei Netzpolitik.org hat sich Jörg-Olaf Schäfers mit rechtlichen Details des Vertragsentwurfes beschäftigt.