Parlamentsreform. Das scheint ein schwieriges Wort zu sein. Ein Blick in die parlamentseigene Datenbank LIS wirft für die letzten drei Wahlperioden (also seit 2000) nicht einen Treffer aus. Früher mal, in der Wahlperiode 1988 bis 1992, waren es 911 Treffer; damals hatte die Barschelaffäre das Parlament in eine fast existentielle Krise gestürzt. Wikipedia kennt keinen Artikel zu dem Wort – ist es etwa irrelevant?
In einer sich weiterentwickelnden Welt muss sich auch ein Parlament weiterentwickeln, will es sich von seinen Wählerinnen und Wählern abkoppeln. Gewohnheit ist okay, da denkt man an Routine. Aber Gewöhnung, also wenn man abstumpft, ist gefährlich. Parlamente müssen nicht allein effizient arbeiten, sie müssen auch bürgernah sein und eine Aura ausstrahlen, die es den Bürgerinnen und Bürgern glaubhaft macht, dass dort für ihre Interessen gearbeitet und entscheiden wird. Parlamentsreform ist also Daueraufgabe.
Deshalb war es gut, als Landtagspräsident Thorsten Geerdts zusammen mit sechs Abgeordneten aus allen Fraktionen (Serpil Midyatli, SPD, Ulrich Schippels, Linke, Lars Harms, SSW, Anke Erdmann, Grüne, Christopher Vogt, FDP, Daniel Günther, CDU) gestern (11. Januar) die Früchte von acht Monaten Arbeit präsentierte. Die Gruppe möchte „das Parlament nicht nur lebendiger, bürgernäher und effizienter gestalten, sondern dem Landtag auch mehr politisches Gewicht verleihen wird“, sagte der Landtagspräsident.
Daniel Günther, Niclas Herbst, Serpil Midyatli, Martin Habersaat, Christopher Vogt, Anke Erdmann, Ranka Prante und Lars Harms haben sich zusammen mit Thorsten Geerdts und der Landtagsverwaltung einiges ausgedacht. Geerdts ist sich sicher, dass viele der Vorschläge umgesetzt werden können. Er hat auf das richtige Pferd gesetzt. Er scharrte nicht die Politikprofis und alten Hasen um sich, sondern die Parlamentsneulinge, die im Kopf noch unbelastet sein könnten. Erste Gespräche mit den Fraktionsspitzen lassen erwarten, dass die Vorschläge der Gruppe umgesetzt werden können. Allein den Linken gingen die Beschlüsse nicht weit genüg, Sie wollen noch mehr Reform.
Nicht alles wird ein Selbstgänger sein. Für manche Dinge reicht es, Gesetze oder Geschäftsordnungen zu ändern. Bei anderen Punkten müssen aber die Abgeordneten sich ändern. Und bei wieder anderen Themen sind es die Bürger oder Informationsübermittler, die das Angebot annehmen müssen.
Ich versuche einen Schnelldurchgang durch die 17 Punkte Themen und überlege, wo der Pferdefuß liegen könnte. Interessierte lesen bitte unbedingt die Presseerklärung und das vollständige Papier Parlamentarismus im Wandel.
- Notwendigkeit bestimmter Anträge
Sollen Tagesordnungspunkte im Plenum diskutiert oder nicht besser (direkt) im Ausschuss beraten werden?
Finde ich gut. Besser noch: Nichts beraten, wo man eh nur schwätzen kann. Der Landtag kann nur gewinnen, wenn er sich mit seinen Debatten auf Themen konzentriert, die er im Land bewegen kann. Das muss man nicht sklavisch und penibel sein. Natürlich sind auch Themen politisch relevant, die SH besonders betreffen – auch wenn man nichts direkt ändern kann. Dann muss es sich aber um brisante, relevante Themen handeln. Ausnahmsweise. Und dann darf der Fokus bitte auf das Land gerichtet werden. Themen, die was mit Schleswig-Holstein zu tun haben, ohne Schleswig-Holstein-Bezug zu diskutieren ist verschwendete Lebenszeit. Siehe meine Anmerkungen zur Basel III-Debatte in diesem Artikel über die vorletzte Plenarsitzung. Andere im Landtag überflüssige Themen aus der vorletzten Sitzung: Die Bundesratsinitiative für ein Verbot von Wildtierhaltung in Zirkussen: Im Bundesrat stimmt die Landesregierung ab, sie müsste sich nicht einmal an das Votum des Landtages halten. Die Debatte über das Personenbeförderungsgesetz: ein Bundesgesetz. Wie auch der Tagesordnungspunkt Abfallgesetz. Und auch der TOP Mindestlohn/Lohnuntergrenzenwird ebenfalls in der Hauptstadt der Republik entschieden werden.
- Mehr freie Rede
spontane Wortbeiträge, Widerrede, Initiativbeiträge vom Platz, Zwischenbemerkungen
Das sind gute Sachen, die die Debatte auch formal beleben können. Geändert werden muss die Geschäftsordnung. Noch wichtiger ist aber: Die Abgeordneten müssen lernen, frei zu reden. Heutzutage kommen Abgeordnete sogar für „spontane“ Dreiminuten-Beiträge mit einem fertigen Manuskript ans Rednerpult. Da muss das Präsidium zukünftig auch mal deutlich werden: „Herr Abgeordneter, ich entziehen Ihnen das Wort wegen Verstoß gegen § 56 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Landtages“. Das bedeutet auch: Abgeordnete müssen selbstbewusst „fehlerhaft“ reden dürfen. Und wir als Zuhörer dürfen nicht die Erwartung haben, jede Abgeordnete ist Spezialexpertin in jedem Thema.
- Redezeitenkontingente
Die Fraktionen erhalten die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen.
Ein Thema, das eher die innere Wahrnehmung des Parlamentsbetriebes betrifft. Wir als Zuhörer oder Berichterstatter merken das nicht unbedingt. Wir müssen aber auch lernen, fehlende Redebeitrag der Fraktion xyz zu einem Thema nicht als Desinteresse sondern als Ergebnis anderer Schwerpunktsetzung zu begreifen.
- Reden und persönliche Erklärungen können zu Protokoll gegeben werden.
Naja, seien wir mal ehrlich: Wer liest Landtagsprotokolle? Ich glaube nicht, dass diese Änderung viele mitbekommen. (Spitzfindig: Wie gibt man freie Reden zu Protokoll?)
- Anhörungen
Die Liste der Anzuhörenden soll fraktionsübergreifend beschlossen, die Anzahl der Anzuhörenden ggf. verringert werden. Fragerecht der Anzuhörenden. Im Vorfeld schriftliche Fragen an die Anzuhörenden
Prima Sache. Das wird Frust auf beiden Seiten abbauen können. Die Anzuhörenden fühlen sich ernst genommen. Die Abgeordneten müssen vorbereiteter in die Anhörung gehen. Sie müssen ohne Scham zeigen können, dass sie lernwillig sind und Experten gegenübersitzen, selber aber keine sind. Wir Zuhörer und Berichterstatter dürfen nicht in den Fehler verfallen, den Abgeordneten Allkompetenz zu unterstellen.
- Bürgeranhörung zu ausgewählten Themen
Die Erprobungsphase wird von der Bertelsmann-Stiftung begleitet.
Für mich das Highlight. Das finde ich prima. Da ist viel Potenzial drin
- Ausschussreisen durch Delegationsreisen zu Themenschwerpunkten ersetzen
Gut. Da fehlt mir noch zusätzlich eine transparentere Darstellung, wer warum mitreist – das gilt auch für Verwaltung und Dritte. Insgesamt hat sich nach meinem Eindruck die Reisefreudigkeit der Abgeordneten schon stark reduziert. Mir ist in den letzten zwei Jahren keine „Lustreise“ in Erinnerung. - Beteiligung der Parlamente an der Föderalismuskommission (FöKo) III
Da lohnt es sich für den Interessierten, das Papier des Landtages genau zu lesen. In der FöKo III, die bis 2019 Ergebnisse besonders in Sachen Bund-Länder-Finanzbeziehungen liefern muss(!), steckt viel Musik. Nach meiner festen politischen Überzeugung wird dort der Pfad für die nächsten 20 Jahre festgelegt. Das ist auch für die Verbände, Vereine und NGOs ein wichtiges Feld, in dem man sich zeitig schlau machen sollte, um seine Bedürfnisse einzubringen.
- Stärkere Befassung des Landtages mit europäischen Themen. Eigener Ansprechpartner des Landtages im Hanse-Office.
Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich was bringt. Europäische (Förder)Politiken sind Raketenwissenschaft, also mit sehr viel Spezialwissen behaftet. Es hielte es für sinnvoller, wenn die Abgeordneten nicht versuchen würden, die Verwaltung in Spezialexpertenfachkenntnissen zu überholen sondern (siehe auch nächster Punkt) sich darauf konzentrieren, der Verwaltung und der Exekutive klare Ziele vorgeben (und deren Erreichung zu überprüfen)
- Der Landtag erteilt der Landesregierung Aufträge und kontrolliert die Arbeit der Exekutive.
Ein Weisungsrecht des Landtages gegenüber der Landesregierung in bestimmten Bundesratsangelegenheiten?
Da bin ich, was den Bundesrat angeht, beruflich vorbelastet. Ich fürchte, den Abgeordneten ist nicht klar, in welcher Komplexität und zeitlichen Enge die Entscheidungsfindung in 99 Prozent der Tagesordnungspunkte des Bundesrates erfolgt. Das Problem, dass der Landtag hier in meinen Augen das Verfassungsgefüge bei der Gewaltenteilung aufbrechen möchte, mal ganz außen vor gelassen.
Ich glaube zu verstehen, was der Landtag möchte. Vielleicht übt er das mal beim nächsten Landeshaushalt. Dort könnte der Landtag sein Königsrecht, das Budgetrecht, endlich wahrnehmen und der Exekutive Ziele vorgeben und deren Einhaltung überprüfen. Bislang drückt der Landtag der Regierung Geld in die Hand und sagt „mach mal“. Da gibt es noch viel, was man anders machen könnte.
- Der Ablauf bei der Betreuung der Besuchergruppen
Bei dem Thema muss ich passen. Zum einen habe ich da keine Ahnung und zum anderen wird mir aus dem Papier nicht klar, woran es hakt. Mal so spontan in die Runde geworfen: Müssen die Besuchergruppen immer in den Landtag kommen oder könnten Parlamentariergruppen auch Berufschulzentren oder Volkshochschulen besuchen?
- Verhaltenskodex und Selbstdisziplinierung beim Umgang mit sozialen Netzwerken.
Die Landtagsverwaltung bereitet einen Kodex vor. Soziale Netzwerke gehören als neue Medien zum festen Arbeitsalltag vieler Abgeordneter. Paralleldebatten über Facebook oder Twitter sind für das Präsidium nicht nachvollziehbar und daher schwer zu kontrollieren.
Ein zweischneidiges Schwert. Nicht ohne Grund gibt es noch nirgendwo so einen Kodex. Vielleicht muss man auch akzeptieren, dass man nicht alles kontrollieren können muss. Wenn ein Parlamentarier während des Landtages ein Interview gibt und darin einen Kollegen beleidigt, kommt ja auch keiner auf die Idee, Interviews zu verbieten.
- Anstelle der Landtagszeitschrift erscheint nur noch vierteljährlich ein hochwertigerer Nachfolger. Informationen im Internet werden ausgebaut und aktueller
Da macht der Landtag ja schon heute viel und verdient viel Lob. Die Informationen könnten noch prominenter platziert werden, um mehr Besucher auf die Seiten des Landtages zu locken.
- Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landtages soll sich noch intensiver mit den neuen Medien und der moderneren Darstellung des Landtages befassen. Mittelfristiges Ziel: Aufbau eines eigenen Portals für alle Informationsangebote des Landtages, u.a. eigene Facebook-Seite. Bessere Aufbereitung der Arbeit der Ausschüsse, aktuellere Berichterstattung über Ausschüsse.
Wie zu 13. Klar, da geht noch was. Aber es passiert auch schon einiges. Was ich mir wünsche: Keine eingescannten PDF-Dokumente mehr. Jedes dieser kaputten PDF-Dokumente ist ein Gesetzesverstoß, weil sie nicht barrierearm sind.
- Weiterer Ausbau Parla-TV
Ziel: leicht zu bedienende Mediathek. (Rede)Beiträge punktgenau abrufbar, woanders einbindbar, thematischer Zugriff möglich.
Auch hier gilt das eben gesagte: Da passiert schon viel und ist, wie ich weiß, viel in der sehr konkreten Planung. Wenn dann noch Ausschusssitzungen gestreamt werden, nähern wir uns vielleicht auch der europäischen Spitzengruppe.
- Einführung von Tablet-Computer (z.B. iPad) in der nächsten Wahlperiode als Betrag zu einem papierärmeren Landtag und zur höheren Effizienz der Abläufe.
Jawoll. Und Abgeordnete, die damit umgehen können.
- Eigene Pressekonferenzen der Abgeordneten
Pressekonferenzen für Abgeordneten sind schon heute nicht verboten. Das wird schon Gründe haben, warum die keine geben. Auch dieser Punkt gehört zu den Feldern, wo Abgeordnete an sich arbeiten müssen.
Pingback: » Parlamentsreform? @ legalthoughts
Könnte ich jetzt viel zu schreiben aber nur zu Punkt 17. Zunächst habe ich das schon gemacht als Thomas Rother und ich unseren Gesetzesentwurf für das neue Kommunalrecht vorgelegt haben, die Presse ist auich gekommen und hat berichtet. Wusste nicht, das ich das nicht machen durfte oder eine Anleitung bräuchte ;-).
Wir geben aber deshalb meistens keine eigenen Pressekonferenzen, weil sich die Presse in Kiel im Allgemeinen nicht so brennend interessiert, was „einfache Abgeordnete” fachlich so treiben. Wenn wir Themen setzen wollen, dann machen wir unsere PIs und manchmal ruft dann auch ein Journalist zurück. Wenn man Themen bearbeitet, wie die „Reform der Katasterverwaltung”, bei der es um über 100 Mitarbeiter und einen zweistelligen Millionenbetrag ging und mensch viel Arbeit reingesteckt , einen lebendigen Redebeitrag gehalten und herausgearbeitet hat, dass 8 Mio Euro zum Fenster rausgeworfen werden, der Innenminister das sogar schriftlich eingestehen muss und die Presse es trotzdem nicht für berichtenswert hält, dann muss man als Politiker das schlicht hinnehmen. „Hinterherlaufen” bringt nach meiner Erfharung nichts und nervt die Journalisten (zu Recht)auch. Wenn wir einfachen Abgeordneten uns anfangen zu wichtig zu nehmen, indem alle 95 bzw. ab Mai denn 69 Abgeordneten dauernd eigene Pressekonferenzen im Landeshaus zu machen, würden wir uns auch schnell dem beliebten Vorwurf der Geltungssucht aussetzen.
Genau da ist die Krux, die wir überwinden müssen. Auch auf Seiten der Bürger und der Berichterstatter (Ich zähle das Landesblog dazu). Über Politik wird, nicht nur in SH, gern personenorientiert berichtet. Es „passiert” nur was, wenn zwischen Personen was „passiert.” Sachthemen werden nach meinen Gefühl eher selten transportiert. Ich kann die reflexartige Hinwendung zur personenzentrierten Berichterstattung in mir sewlbst spüren. Ich hätte gern die Zeit, einen Tag Herrn Albig und einen Tag Herrn de Jager zu begleiten und dann ein Stück wie dieses zu schreiben: http://www.welt.de/politik/deutschland/article13809796/Der-Kampf-um-Kiel-mit-zwei-Unbekannten.html (Ich meine das jetzt nicht inhaltlich sondern auf der formalen Ebene). Glücklicherweise habe ich die nicht. Deshalb bin ich gezwungen (wie die anderen im Landesblog auch), mich auf Sachtehmen zu konzentrieren. Die kann ich in Stillarbeit durcharbeiten, muss weniger Zeit für Recherche und Nachfragen aufwendne.
Da könnte man jetzt viel „hätte könnte sollte” über den Zustand der Medien in Deutschland schreiben. Aber egal: Es ist nun mal so, wie es ist. Landespolitik hat anscheinend nicht den Stellenwert, warum auch immer, dass die Verlage mehr Redaktionspower zur Verfügung stellen.
Ich persönlich glaube nicht, dass Pressekonferenzen das non-plus-ultra sind. Das direkte Herangehen an einen Journalisten, von dem man weiß, dass er/sie sich für ein Sachthema(!) interessiert, kann manchmal auf die Lösung sein. Das kommt also aufs Thema an. Und auf die Möglichkeit, das Thema in SH zu bewegen. Wenn Abgeordneter XY in Kiel sagen würde: Die UNESCO braucht mehr Geld für dies und das und das Raumfahrtprogramm der US-Amerikaner könnte auch besser finanziell ausgestattet sein .. das ist keine Meldung, weder als PI, noch als PK, noch als Pressegespräch.
Im Endeffekt müssen wir also alle an uns arbeiten. Das hat ja auch was.
und zu Punkt 16)
Hier muss ich widersprechen. Auch wenn es in technikinteressierten Kreisen immer mehr Ansprüche gibt, welche Techniken ein Abgeordnete/r beherrschen (muss). Es ist ein bissl antidemokratisches, elitäres und exkludierendes Denken bei solchen Forderungen dabei. Warum sollte eine 55 jährige Sozialarbeiterin aus einem sozialen Brennpunkt denn eine schlechtere Abegordnete sein oder die Gesamtbevölkerung schlecht vertreten nur weil sie kein Ipad bedienen kann? Es ist schon schlimm genug, dass unsere Debatten nicht barrierefrei sind, dass blinden oder taubstummen Abgeordneten es sehr schwer fallen würde überhaupt teilzunehmen. Und im Umkehrschluss: Nicht jede/r der ein Pad bedienen kann oder sich ein bissl im Internet auskennt ist automatisch kompetent für die sozialen Fragen in unserer Gesellschaft! Politik Netzpolitik.
Wählbar ist, wer 18 Jahre alt ist und Deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz in S-H ist. Weitere offizielle Selektionskriterien gibt es ganz bewusst nicht, damit sich in den Parlamenten nicht nur eine reine (Pseudo)elite reproduziert.
Alleine, dass wir alle stillschweigend davon ausgehen, dass ein Abgeordneter lesen und schreiben muss, ist unter diesem Aspekt schon bedenkenswert: Nach neuesten Untersuchungen beträgt der Anteil der funktionalen Analphabeten fast 10% bzw. 7.5 Mio. Menschen in Deutschland. Die sind schon jetzt eigentlich von der Repräsentanz in den Parlamenten ausgeschlossen. Ja, und ich weiß auch nicht, wie mensch das ändern könnte. Wir sollten aber aufpassen, die stillschweigenden, faktischen Partizipationshürden nicht auch noch zu erhöhen.
Wir sollten alle aufhören, die Benutzung neuer Technik als Zumutung zu begreifen: Jeder kann lernen mit einem Tablett umzugehen, wie ich seit Weihnachten an meiner sehr schlechtsichtigen und computerhassenden Schwiegermutter beweise. (Sie liebt es!)
Ich bin aber nicht dafür, das Device überhaupt vorzuschreiben, das produziert wahrscheinlich auch die größe Ablehnung. Mancher wird sein Zeug auf Papier wollen, mancher auf dem Blackberry und andere ziehen ein Notebook vor. Warum auch nicht.
Wichtig wäre mir als Beobachter eine moderne Version von plenum-online, dessen Interessanz man aufgrund der schlimmen äußeren Form leicht übersehen kann. Kann man bestimmt kostengünstig mit WordPress abbilden.
(Die eingescannten PDFs schockieren mich mehr: Das wird getippt, ausgedruckt und eingescannt? Warum so ein Aufwand?)
Sicherlich könnte man plenum online optisch noch ein wenig aufpeppen. Funktional ist es jedoch hervorragend und mir bei der Nachverfolgung von Landtagssitzungen eine große Hilfe. Eine „schlimme äußere Form” kann ich keinesfalls erkennen. Allenfalls ein wenig altbacken wirkt die Seite. Vielleicht findet sich ja jemand, der da mal ein wenig CSS drüber gießt, garniert mit einigen frischen grafischen Elementen…
Ich bin der letzte, der sowas als Zumutung begreift, schließlich habe ich zur ersten Landtagssitzung mein netbook mitgenommen (nein nicht zum Spielen) und mir hinter den Kulissen gleich einen „eingefangen”. Aber es zur „Bedingung” machen zu wollen, ist trotzdem etwas ganz Anderes, und sorry, da ist das Verhältnis von Dir zu Deiner Schweigermutter irrelevant, da geht es um faktische Zugangsbarrieren zu demokratischen Mandaten (s.o.). Und mein Anspruch an die Landtagsseite, ist eher, dass ich die Informationen und Dokumente schnell finde, dass würde für mich die Arbeit mir dem Pad auch erheblich vereinfachen. Das scannen liegt meistens daran, wie die Dokumente von ihrem Absender zur Verfügung gestellt worden sind. Ich finde das auch lästig, vor allem da mensch bei längeren Dokumenten Suchfunktion oder c&p für eigene Synopsen vergessen kann.
Herr Dolgner, ich sagte ja bereits, daß die Benutzung keine Pflicht sein sollte; über das Verhältnis zu meiner Schwiegermutter hingegen schrieb ich nichts.
Und nein, ich möchte keinen Abgeordneten, der nicht Lesen und Schreiben kann oder die Benutzung eines Telefons aus welchen Gründen auch immer ablehnt. Zum Glück scheitert ersteres bereits an den tatsächlichen Zugangsbarrieren bei der Kandidatenaufstellung durch die Parteien. (Bei der Sache mit dem Telefon bin ich da aber nicht so sicher.)
Wer Abgeordneter wird haben auch Sie (ich wechsel jetzt mal auhc in diese netzmäßig ungewöhnliche Anrede)in der Hand. Jede/r wählt sich die/den Abgeordnete/n selbst. Es wäre schon schön, wenn da auch mal auf dei Kompetenzen des/der Einzelnen geachtet werden würde, als z. B. bei Kommunalwahlen erfolgreiche Bürgermeister für bundespolitische Fragen abzuwatschen. Das würde die Motivation in der Politik sicher steigern, durch saubere Arbeit überzeugen zu wollen. Der Sinn der Erststimme ist nämlich, eine Person völlig unabhängig von den parteipolitischen Präferenzen und ohne die Parteizusammenstezung im Parlament dadurch ändern zu müssen auswählen zu können. Schade, dass es nicht mehr tun. Deshalb ist es auch so wichtig, dass es keine unausgeglichenen Überhangmandate, negatives Stimmgeweicht etc. gibt.
Mit ein bißchen CSS ist es da nicht mehr getan. Und ich hoffe sehr, daß sich nicht „jemand findet”, sondern ein Profi damit beauftragt wird, UI und Design in Zusammenarbeit mit den Redakteuren zu überarbeiten. Das ist doch kein Spielkram mehr, bei dem der Neffe von jemandem, der einen kennt, der das richtige Parteibuch hat, sich mal ausprobieren kann! Ich nenne gern ein paar kompetente Leute, wenn das gewünscht ist.
Moderne Websites sehen anders aus, fühlen sich anders an und bieten Beteiligungsmöglichkeiten. Wie gesagt, ich mag die Seite inhaltlich, aber optisch und haptisch ist sie 1998 und weit hinter dem Landesblog, das ja vermutlich auch über sehr begrenzte finanzielle und personelle Mittel verfügt.
Die Landtagsverwaltung ist erst einmal kein Ort, an dem ein Parteibuch irgendeine Rolle spielt. Beteiligungsmöglichkeiten möchte ich darüber hinaus in einem solchen Angebot schon einmal gar nicht sehen – und falls vorgesehen zumindest ausblenden können. Da geht es vielmehr um Information. Wer über die vermittelten Inhalte diskutieren will, kann Blogs, Twitter, G+, Xing, Diaspora, Status.Net, Facebook und Konsorten verwenden. Die Idee, dass der Landtag selbst noch wieder eine eigene Diskussionsarena eröffnet, finde ich eher abschreckend. Oder wie sollte man sich als Benutzer beteiligen sollen/wollen?
Das User Interface ist nicht Rocket Science, aber für die gedachte Aufgabe ausgesprochen angemessen. Und beim Design reicht in meinen Augen eben ein modernerer Anstrich. Aber wenn es anders gesehen wird: Man kann bei der Landtagsverwaltung anrufen und denen „ein paar kompetente Leute” andienen. Da freuen die sich bestimmt riesig drüber.
Man kann sehen, dass sie sich im Layout weiterentwickeln.
Altes Layout: http://www.landtag.ltsh.de/plenumonline/ (Vorsicht, Gruselfaktor an der Obergrenze)
Neues Layout: http://www.landtag.ltsh.de/
Ich will nicht sagen, dass man damit Layoutpreise gewinnt. (Oliver hat das „neue” Layout hier im Blog mal kritisch betrachtet Aber ein Fortschritt ist es allemal. Für Hardcorenutzer wie mich wäre ein verständlicheres UI für das Landtagsinformationssystem (http://lissh.lvn.parlanet.de/shlt/start.html)und eine API noch was wesentliches
Vielen Dank, Herr Wacker. Das neue Layout kannte ich noch gar nicht.