Gestern ging es im Landtag um das Thema Atommüll und darum, wo der zwischengelagert werden soll. Zwischengelagert, bis man ein Endlager gefunden hat. So ein Endlager soll seit neuestem in ganz Deutschland gesucht werden. Das Konzept „Endlager” aber stammt aus einer Zeit, da man jede Art von Müll endgelagert hat.
Neulich war ich auf einer Veranstaltung auf der jemand zuversichtlich verkündete, dass wir kein Endlager bräuchten. Bis wir das gefunden hätten, sein gar kein Atommüll mehr da, weil wir inzwischen einen gefunden hätten, den Müll restlos aufzubrauchen. Das Publikum war eher nicht überzeugt.
Bei „Hart aber Fair” hat Ranga Yogeshwar einmal darauf hingewiesen, dass wir überhaupt keine Eile bei der Suche nach einem Endlager hätten. Das Zeug würde so lange gefährlich strahlen, dass es auf ein paar Jahre nicht ankäme.
Ich kann an das Konzept „Endlager” nicht glauben. Wir wissen nicht einmal genau, was in den vergangenen Jahrhunderttausenden unter der Erde passiert ist. Wie sollte das irgendwer für die Zukunft garantieren. Und garantieren müsste man das. Man kann den Atommüll nun mal nicht einfach so wieder herausholen — das sieht man recht gut am Beispiel „Atomklo Asse”.
Die Endlagersuche ist reine Augenwischerei — schon aus politischen Gründen wird es das nie geben. Wir werden einfach so lange auf das Zeug oberirdisch aufpassen müssen, bis es entweder nicht mehr strahlt oder es tatsächlich eine technische Lösung gibt.
Oberirdisch kann man die Behälter bei Gefahr auch noch verlagern. Mit oberirdischer Lagerung haben wir viel Erfahrung. Und man wird auch viel einfacher politisch eine Lösung finden, wenn sich tatsächlich alle Länder an der Lagerung beteiligen.
Was nicht geht ist „Not in my Backyard”. Schleswig-Holstein hat die Atompolitik in der Vergangenheit unterstützt — es gab einen breiten gesellschaftlichen Konsens für die Atomkraft. Noch bis vor Kurzem konnten Parteien, die ausdrücklich auf Atomkraft setzten, Mehrheiten in Bund und Land bekommen. Das Land hat den Strom mit verbraucht. Deswegen steht Schleswig-Holstein auch in der Verantwortung, sich um die Folgen zu kümmern.
Als die zivile Atomnutzung eingeführt wurde, dachte man ja auch noch, irgendwann die Technologie des „Schnellen Brüters” zu beherrschen. Das ist dann ein Atomreaktor, bei dem 1. alte Brennstäbe wiederverwertet werden können und 2. mehr Energie / spaltbares Material rauskommt, als man reinsteckt. Eine unendliche Energiequelle also. Das war leider, aus heutiger Perspektive, naiver Optimismus.
Jetzt hat man also ganz viel Mist rumliegen, und zudem eine relativ niedrige Energiebilanz. Besonders, wenn man die vielen Risiken und Folgekosten bedenkt.
Die „Endlager-„suche hat nämlich einige Tücken. Wir haben nicht die Möglichkeiten, den Müll so zu lagern, dass er nach >100.000 Jahren nicht doch in die Umwelt zurück kommt (durch Erosion o.ä.). Außerdem ist in keinem Fall klar, dass zukünftige Generationen unsere Warnzeichen verstehen werden. Warnschilder sind kulturelle Leistungen, deren Deutung nicht „eindeutig” ist. Das sieht man bereits heute. Dauerhaft sicher und engültig weg ist der Müll also nie.
Also kein Endlager? Am sichersten wäre wohl, das Zeug einfach in die Sonne zu schießen, sobald wir die technischen Möglichkeiten haben.
Man sollte eine Handvoll Zwischenlager einrichten. Jeweils für 25 Jahre. Danach müssen neue Zwischenlager in anderen Bundesländern eingerichtet werden. So veralten die nicht und es wird kulturell überliefert, was das Zeug ist und warum es so gefährlich ist. Und die Sicherheitskräfte, die für die nächsten paar Millionen Jahre drauf aufpassen, werden von den Energieriese bezahlt.
Nur erwähnst Du dabei eines nicht: Wenn die Energieriesen in 100 jahren Pleite sein sollten (z.B. auch wegen dieser Kosten), bleibt eh wieder alles an den Steuerzahlern hängen. Oder die Abfälle werden von Terrorregimen als Waffen (schmutzige Bomben) eingesetzt. Das in 100 Jahren nicht jeder einfach in ein „Endlager” reinspazieren und sich bedienen kann, kann uns niemand versprechen.
Ich habe da vor einigen Jahren mal eine interessante Fernseh-Doku gesehen, wo man verschiedene Möglichkeiten durchspielte. Fakt ist, wir wissen nicht wie unsere Gesellschaft in 50 – 100 Jahren ausieht. Deswegen müsste Atommüll im Prinzip so verborgen werden, dass niemand mehr dran kommt. Das scheint aber fast unmöglich. Man hatte da dann auch überlegt einen Orden zu gründen, der garantiert, dass die Inhalte der Warnungen oral weitertradiert werden. Unter dem Strich aber ist es so, dass es keine Entsorgung gibt. Ich frage immer: Was ist der Preis für die Entsorgung einer Tonne Müll, für die es keine Entsorgung gibt? Würde sagen UNENDLICH. Das multiplizieren können wir uns dann sparen. Und von wegen in die Sonne schießen: Glaube ich nicht dran. Rein physikalisch braucht das tierisch viel Energie. Nehmen wir man diesen Artikel (http://www.focus.de/wissen/weltraum/odenwalds_universum/tid-15408/raumfahrtvisionen-transport-durchs-all-das-projekt-weltraumlift_aid_432661.html ) : „Die US-amerikanische LiftPort Group stellt einen funktionsfähigen Weltraumaufzug bis 2031 in Aussicht. Er könnte die Kosten pro Kilogramm Weltraumfracht von derzeit Zehntausenden von Dollar auf etwa 220 Dollar senken – bei einer täglichen Kapazität von 15 Tonnen.” Das sind erst mal nur Pläne. Aber bei dem Müll aus Russland mit 700.000 Tonnen wären das 700.000*220000 (Kosten pro Tonne). Eine unfassbare Zahl.
Im Grunde sind wir hier ja bei einem Kernprobleme: Wir betreiben Kernkraftwerke und es gibt keine Entsorgung. Und es wird dafür wohl auch nie eine zufriedenstellende Lösung geben.
Hier muss ich widersprechen. Natürlich ist es sicherer, alleine wg. der Abschirmung, Schutz vor Außeneinwirkung und der besseren Zugangskontrolle (es lässt sich schließlich eine Menge Schaden damit anrichten) das Zeug unterirdisch zu lagern. Bunker werden ja auch nicht ganz ohne Grund unterirdisch angelegt. Richtig ist, dass der Müll rückholbar sein muss, alleine weil kein Mensch etwas zur sehr langfristigen Stabilität der Behälter ernsthaft etwas sagen kann, aber fast jede Legierung korrodiert halt doch messbar in diesen langen Zeiträumen. Da wird wohl alle 1000 bis 10.000 Jahre ein Behälterwechsel notwendig sein. Zumindest muss das ständig überwacht werden. Ich glaube, als ehemaliger Leiter einer Werkstoffprüfung und ehemaliger Strahlenschützer bin ich nicht komplett disqualifiziert etwas dazu beitragen. Rückholbarkeit geht aber nur in kristallinen Formationen, sprich Granit, vernünftig, zumindest für die nächsten 10.000 Jahre oder so. Idealerweise >100 m über den Meeresspiegel. Das wir in absehbarer Zukunft Energiequellen finden, die es ermöglichen alleine die 10000 Kubikmeter(!) deutschen hochradioaktiven Atommülls in die Sonne zu schießen, wage ich doch zu bezweifeln. Von den katastrophalen Folgen eines Fehlstartes ganz zu schweigen.…
P.s.: Auch mit dem schnellen Brüter hätte sich, grob gesprochen, die Menge des strahlenden Mülls nicht reduzieren lassen, hier wird nur zusätzliches Spaltbares Material erzeugt, also stabiles und damit „unbrauchbares” Natururan 238 (dass bei der Urangewinnung nämlich zu 99% anfällt) zunächst in instabiles Uran 239 durch Neutroneneinfang „verwandelt” wird und dann weiter zerfällt. Gibt dann noch diverse Anreicherungsprozesse aber atommülltechnisch ist das IMHO sogar noch kritischer, vor allem weil man da auhc noch Plutonium händeln muss
Ja, das stimmt natürlich alles. Ich hoffe trotzdem, dass innerhalb der nächsten Jahrhunderte die Technik so weit fortgeschritten ist, dass wir das Zeug vom Planeten weg bekommen.
Auch wenn die Hoffnung in die Technik der Zukunft gerade das ist, was uns letzten Endes das Atommüllproblem eingebracht hat ;)
Zunächst einmal sind Stefan und Kai ja gar nicht soweit auseinander. Ich glaube auch, dass ein Endlager eine Chimäre ist, die sich vernünftig abschätzbar technisch nicht umsetzen lässt. Dazu sind die Zeiträume einfach zu groß.
Ich denke auch, dass eine unterirdische Lagerung – allerdings weit genug entfernt von N.N. – deutlich besser wäre, weil dadurch Einwirkungen von außen (bspws. Flugverkehr) leichter zu sichern wäre. Allerdings müsste es, anders als in der Asse umgesetzt, komplett rückholbar ausgelegt sein.
Ich finde ja auch die Tatsache, dass ausgerechnet Robert Habeck sich dafür einsetzt, dass auch Schleswig-Holstein Atommüll aufnehmen muss, sehr mutig. Zumal niemand anders als ein Grüner Minister diesen Vorschlag hätte machen können, ohne dass es einen Aufstand gegeben hätte. Und er hat recht, wenn er darauf hinweist, dass Schleswig-Holstein nicht über Jahre 3 Atomkraftwerke betreiben kann, um sich dann zu weigern, zur Lagerung und Entsorgung des entstandenen Mülls beizutragen.
Ich möchte aber doch nicht versäumen, eine Passage aus der Rede des Sportfreunds Kubicki zu zitieren, die – völlig unabhängig davon, wie man zu ihm persönlich oder politisch stehen mag – genau die Frage aufwirft, die auch ich mir stelle:
»Kollege Matthiessen sagte hier also am 23. März 2012 ausweislich des Plenarprotokolls in Richtung des damaligen Ministers Schmalfuß:
„Wir stellen zum wiederholten Male fest, Herr Minister: Der Betreiber Vattenfall kann es nicht oder das muss man vielleicht vermuten will es nicht. Die Betreiberin geht nicht verantwortungsvoll mit Atomkraft um.”
Und weiter sagte Matthiessen:
„Es fehlt Vattenfall an Transparenz und Offenheit. Immer nur verschleiern, vertuschen, kleinreden! Aus den genannten Gründen fordern wir: Vattenfall muss die Betriebsgenehmigung für die AKW Krümmel und Brunsbüttel entzogen werden.”
Es sind dieselben Grünen, die uns jetzt im Brustton der Überzeugung erklären wollen, dass sie Verantwortung für Deutschland übernähmen. Die schleswig-holsteinischen Grünen übernehmen Verantwortung, indem sie eben diesen Betreiber Vattenfall ,
· den Sie vor einem Jahr in beispielloser Weise beschimpft haben,
· dem Sie die Zuverlässigkeit abgesprochen haben und
· dem Sie Verschleierung und Vertuschung vorgeworfen haben,
jetzt damit beauftragen wollen, mehrere Castoren mit hochradioaktiven Abfällen in den kommenden Jahrzehnten zu beaufsichtigen.
Vattenfall kann allerdings nur eines sein: Entweder das Unternehmen
ist als Betreiber unzuverlässig, oder es ist zuverlässig.«
Ich habe nicht, wie die Grünen, in der Vergangenheit gefordert, Vattenfall die Berechtigung für den Betrieb von kerntechnischen Anlagen zu entziehen (http://is.gd/zVRqYr), nur um denen jetzt die Verantwortung für die verantwortungsvolle Aufgabe der Zwischenlagerung von Atommüll anzuvertrauen.
Ach ja, Quellenangabe rulez. Ich bin ja weder von der Totholz-Zunft, noch schreibe ich eine Doktorarbeit. Deshalb hier der Link: http://www.ltsh.de/presseticker/2013 – 04/24/12 – 10-54 – 29b2/