Der schleswig-holsteinische Landtag wird sich heute nachmittag (die Abstimmung ist für 17.40 Uhr geplant) einstimmig gegen ACTA aussprechen. Der Konsens war möglich, nachdem der Antrag den Ausgleich zwischen dem „berechtigten Anliegen eines Urheberrechtschutzes auch im Internet” und der „gleichzeitigen Wahrung von Grund- und Freiheitsrechten der Nutzerinnen und Nutzer” sucht.
Der Antrag hat folgende Wortlaut:
Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich auf nationaler und europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass das ACTA-Abkommen in seiner jetzigen Form nicht ratifiziert wird. Der Text eines neu zu verhandelnden Abkommens sollte in einem transparenten Verfahren mit allen betroffenen Beteiligten öffentlich breit diskutiert und rechtlich bewertet werden. Dabei gilt es, neue Wege zu finden, mit deren Hilfe das berechtigte Anliegen eines Urheberrechtschutzes auch im Internet unter gleichzeitiger Wahrung von Grund- und Freiheitsrechten der Nutzerinnen und Nutzer sichergestellt werden kann. Durch ACTA dürfen Internetprovider nicht dazu verpflichtet werden, weitreichende Überwachungen der Nutzerinnen und Nutzer ihrer Dienste vorzunehmen.
Wer in Forschung und Entwicklung investiert, muss sicher sein können, dass ein fairer Wettbewerb stattfindet.
Bei einem neu zu verhandelnden Abkommen muss es eine ausreichende Beteiligung und Berücksichtigung der berechtigten Belange der Länder geben, wie der Bundesrat bereits mit Beschluss vom 7. Mai 2010 angemahnt hat (BR-Drs. 201/10).
Der Schleswig-Holsteinische Landtag begrüßt die unabhängige Überprüfung von ACTA durch den Europäischen Gerichtshof.
Am Samstag (25. Februar) wird nicht nur in Kiel gegen ACTA demonstriert. In Lübeck rufen Piratenpartei und Jusos Bürgerinnen und Bürger auf, sich an den europaweiten Protesten gegen das am 26. Januar von der EU unterzeichnete „Anti Counterfeiting Trade Agreement“ (ACTA) zu beteiligen.
Das Sepektrum der Meinungen ist breit. Uli König, Listenkandidat Piratenpartei Schleswig-Holstein, hält die Überprüfung von ACTA durch den Europäischen Gerichtshof für den falsche Ansatz: „Die EU-Vertreter sollten sich nicht fragen, ob ACTA rechtlich machbar ist, sondern ob es der richtige Weg in einer Wissensgesellschaft ist.“ Der Landesvorsitzender der Jusos, Alexander Wagner, und Christopher-Daniel Gregorczyk, netzpolitischer Sprecher der Jusos, halten dagegen fest, dass die Überprüfung durch Europäischen Gerichtshof Bände spreche: „Das Abkommen ist dadurch im Prinzip schon gescheitert, bevor es überhaupt ins EU-Parlament kommt.“
In Lübeck findet die Demonstration am 25. Februar ab 14 Uhr statt. Startpunkt des Umzugs durch die Innenstadt ist der Holstentorplatz. Zum Auftakt sprechen der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Rother aus Lübeck und Torsten Krahn, Pressesprecher und Vorstandsmitglied der Piratenpartei Schleswig-Holstein.
Zur Demonstration in Kiel, die am Samstag um 15.00 Uhr beginnt, rufen neben Piratenpartei und Jusos auch die Grünen auf. Deren Sprecherin Marlene Löhr und der netzpolitische Sprecher Thomas Lange finde es großartig, „wie viele junge nicht organisierte Menschen sich unter dem Aufruf „Stoppt ACTA” versammelt haben”. Die Veranstalter planen, nach dem Demozug durch die Innenstadt mit den Kielern ins Gespräch über ACTA zu kommen. Dazu werden die Demoteilnehmer, sich in einer Art Flashmob in kleinen Gruppen durch die Stadt zu bewegen und Menschen zu diesem Thema anzusprechen und zu informieren.
Update: Torge Schmidt machte mich darauf aufmerksam, dass auch in Husum eine Demonstration stattfindet. Los geht es um 15.00 Uhr auf dem Husumer Markplatz. Es gibt ein Facebook-Event.
Ich finds irgendwie bedenklich, wenn man schreibt „Der schleswig-holsteinische Landtag wird sich heute nachmittag (…) einstimmig gegen ACTA aussprechen.”
Weil das bedeuten würde, dass der Landtag selbst nicht das entscheidende Gremium ist, sondern halt die Parteispitzen. Man sollte schon Entscheidungen abwarten — ob es nicht doch Gegenstimmen gibt. Das darf nicht nur eine Formalie sein.
Formal hast Du recht. Faktisch gab es gestern Verhandlungen mit dem Ziel, eine interfraktionelle (Fraktionen!, nicht: Parteien) Einigkeit zu erhalten. Die Fraktionsspitzen werden den Antrag nicht unterzeichnet haben, ohne sich sicher zu sein, dass ihre jeweiligen Fraktionen ihre Auffasssung teilen. Ich hielt es deshalb für vertretbar, in dem Artikel den wahrscheinlichen Beschluss anzukündigen. Wir denken uns also bis heute nachmittag ein „voraussichtlich” hinzu.